Gibt es biblische Prophetie, die Zukunft vorhersagt?

Gibt es biblische Prophetie, die Zukunft vorhersagt?

Der folgende Artikel ist Teil einer Gesprächseinladung an die Bundesgemeinschaft über theologische Fragen. Wir als J17-Team der Geistlichen Gemeindeerneuerung wollen anhand der Buchveröffentlichung „Glauben, Lieben, Hoffen: Grundfragen des christlichen Glaubens verständlich erklärt“ (scm 2021), das von Bundesangestellten im GJW mit verfasst wurde, exemplarisch aufzeigen, wie grundlegend die theologischen Verschiebungen sind, mit denen wir es als Kirchenbund zu tun haben. Wir glauben, dass das Buch nur Entwicklungen aufgezeigt hat, die in unserem Bund vorhanden sind. Sie betreffen den Kern unseres Glaubens, den wir aus guten Gründen bewahren wollen. Um seine Grundlagen neu verständlich und fruchtbar zu machen, möchten wir in einen breiten Dialog eintreten. Hier gelangt ihr zur vollständigen Gesprächseinladung: gespraechseinladung_gge_mai22-4.pdf

Gibt es biblische Prophetie, die Zukunft vorhersagt?

In der Bibel finden sich viele Beispiele für Prophetien, die etwas über die nahe oder auch ferne Zukunft vorhersagen. Die Autoren im Buch sprechen sich gegen jedes übernatürliche Reden Gottes aus, das Vorhersagen über die Zukunft macht, sowohl bezüglich des ersten Kommens Jesu (christologische Prophetien im Alten Testament) als auch bezüglich der noch ausstehenden eschatologischen Zukunft:

  • „Nein, Jesus wird nicht im Alten Testament vorausgesagt, sondern die ersten Christen beschreiben ihn als Erfüllung der alten Hoffnung.“ Vor der klassischen Position wird eindrücklich gewarnt: „Wir reduzieren [das Alte Testament] zu einem ‚Handlanger der Jesusgeschichte.‘ […] Das ist christliche Arroganz, die im Antisemitismus endet“ (Werner, S. 87f).

Im Neuen Testament wird an zahlreichen Stellen auf das Alte Testament Bezug genommen, um zu zeigen, dass Jesus dort vorausgesagt wurde:

  • Matthäus stellt viele Bezüge zu alttestamentlichen Prophetien her, z.B. zu Jesaja 7,14, wo die Geburt des Immanuel vorhergesagt wird (Mt 1,23: „auf dass erfüllt würde …“).
  • Das Markusevangelium beginnt schon mit den Worten: „Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja …“ (Mk 1,2).
  • Lukas zitiert z.B. Jesus, wie er sich selbst als Erfüllung von Jesaja 61,1-2 hinstellt, als er sagt: „Der Geist des Herrn ist auf mir …“ (Lk 4,18f). Am Ende des Lukasevangeliums fasst Jesus zusammen: „Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen“ (Lk 24,44).
  • Das Johannesevangelium ist durchzogen von den „Erfüllungszitaten“, die von Worten eingeleitet werden wie: „damit die Schrift erfüllt würde“ (z.B. Joh 19,24.36.37).
  • In der Pfingstpredigt bezieht Petrus Joel 3,1-5 auf das Pfingstgeschehen und Davids Psalm 16,8-11 auf die Auferstehung Jesu (Apg 2,16-28).

Daher halten wir es für absolut sachgemäß, alttestamentliche Prophetien auf Jesus Christus und sein Wirken zu beziehen. Die Rechenschaft vom Glauben drückt es so aus:

  • „Die christliche Gemeinde versteht [das AT] von der Gottesoffenbarung in Christus her und auf sie hin, denn Christus ist des Gesetzes Ziel und Ende“ (RvG 1.6).

In der Person Jesu Christi zeigt sich auf besondere Weise das Verhältnis von Altem und Neuem Testament. Dass die Gefahr besteht, das Jüdische abzuwerten, hat sich in der Kirchengeschichte vielfach gezeigt. Daraus lässt sich unsere Verantwortung im Umgang mit biblischer Prophetie ableiten. Dennoch sind wir wie die Schreiber des NT davon überzeugt, dass Jesus Christus als Messias im Alten Testament vorhergesagt wurde.

Auch in Bezug auf das Buch der Offenbarung halten Autoren in Glauben, Lieben, Hoffen jede Form übernatürlicher Vorhersage für ausgeschlossen:

  • „[Die Offenbarung) ist nicht eine Weissagungsschrift, sondern eine Mahn- und Trostschrift. Sie spricht aus einer konkreten historischen Situation und ist nur von dorther zu verstehen“ (Hamp, S. 248).

Wenn die Offenbarung keine Weissagung enthalten soll, verliert man wesentliche Eckpunkte, z.B. über die Wiederkunft Jesu und den neuen Himmel und die neue Erde. Den Aussagen in der Rechenschaft vom Glauben zur „Vollendung der Gottesherrschaft“ (RvG 3.) wird damit die Basis komplett entzogen. Uns leuchtet nicht ein, warum der Charakter einer Mahn- und Trostschrift gegen ihren prophetischen Charakter ausgespielt wird. Wir glauben, dass Gott übernatürlich handelt und redet, so wie er in seinem ganzen Wesen als transzendenter Schöpfer übernatürlich ist, also über der von ihm geschaffenen Natur steht. Dazu gehören auch Vorhersagen über die Zukunft, wie sie sich durch die ganze Bibel hindurch finden lassen. Wer hier Abstriche macht, verliert nicht nur wertvolle Orientierung für sein Leben, sondern reduziert Gott und blendet einen Teil seines Wesens und Wirkens aus.